„Sitzen ist das neue Rauchen!“ 

„Sitzen macht dumm und psychisch krank!“

Bestimmt haben Sie diese oder ähnliche Aussagen schon einmal gehört. Doch lassen sich solche Aussagen wirklich so leicht verallgemeinern? Gibt es einen Zusammenhang zwischen Haltung bzw. Sitzen und Rückenbeschwerden?

Viele Ärzte und Therapeuten weisen auf eine aufrechte und „gerade“ Haltung hin, die man so oft wie möglich einnehmen soll. Eine gebeugte und „verkümmerte“ Haltung wird mit einer Verschlechterung bzw. Entstehung von Rückenschmerzen in Zusammenhang gebracht.                                                  

Doch ist das wirklich so?

Slater und Co haben diesen Mythos in einer aktuellen Arbeit untersucht. Sie fanden heraus, dass es keine optimale Haltung gibt. Auch kann man Rückenschmerzen durch keine bestimmte Haltung vorbeugen. Längeres Sitzen über 30 Minuten stuften die Autoren als nicht gefährlich ein. Sie empfehlen regelmäßig aktive Pausen zu machen und die Sitzposition öfter zu verändern (1).

Eine weitere großangelegte Übersichtsarbeit gibt folgende Empfehlung des Forscherteams für den Ausgleich der sitzenden Tätigkeit: Wer acht Stunden im Büro sitzt, sollte sich zum Ausgleich jeden Tag eine Stunde bewegen - also zum Beispiel radeln oder gemächlich joggen. Auch strammes Gehen reiche schon. Die Aktivitäten könne man über den Tag verteilen. Sie müssen sich nur auf eine Stunde summieren (2).


Ähnliche Empfehlungen werden von unserem Bundesgesundheitsministerium ausgegeben (3).

  • Erwachsene sollten möglichst mindestens 150 Minuten/Woche ausdauerorientierte Bewegung mit moderater Intensität (Reden möglich, Singen nicht; z.B. schnelles Gehen o. langsames Laufen) durchführen
  • Erwachsene sollten zusätzlich muskelkräftigende körperliche Aktivitäten an mindestens zwei Tagen pro Woche durchführen
  • Erwachsene sollten lange, ununterbrochene Sitzphasen meiden und nach Möglichkeit das Sitzen regelmäßig mit körperlicher Aktivität unterbrechen


Die genauen Gesundheitsrisiken von zu langem ununterbrochenem Sitzen! sind noch nicht ausreichend erforscht worden. Zu langes Sitzen scheint jedoch das Sterberisiko zu erhöhen. Eine Studie fand heraus: Wer mehr als 13 Stunden täglich sitzt, hat ein doppelt so hohes Sterberisiko wie jemand, der weniger als 11 Stunden sitzt (4).


Fazit:

  • Sitzen Sie dynamisch! Verändern Sie immer wieder Ihre Sitzposition! Führen Sie immer wieder kleine Bewegungsübungen durch, wie z.B. Kopf zur Seite neigen!
  • Machen Sie regelmäßige Pausen vom Sitzen und stehen Sie regelmäßig auf (am besten alle 30 Minuten z.B. Gang zum Kopierer oder Kollegen). Nutzen Sie Ihre Mittagspause für einen kleinen Spaziergang an der frischen Luft!
  • Achten Sie auf eine ausreichende Bewegung nach längeren Sitzphasen! Suchen Sie sich beispielsweise einen Freund oder eine Freundin, mit dem/der Sie sich regelmäßig zum Spazieren gehen verabreden. Das schafft Verbindlichkeit und hält Ihren Rücken gesund!


Literaturverzeichnis:

(1)Slater, Diane & Korakakis, Vasileios & O'Sullivan, Peter & Nolan, David & O'Sullivan, Kieran. (2019). “Sit Up Straight”: Time to Re-evaluate. Journal of Orthopaedic & Sports Physical Therapy. 49. 562-564. 10.2519/jospt.2019.0610.

(2)Ekelund U., Steene-Johannessen J., Brown W. et al. (2016)Does physical activity attenuate, or even eliminate, the detrimental association of sitting time with mortality? A harmonised meta-analysis of data from more than 1 million men and women

(3)https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/5_Publikationen/Praevention/Broschueren/Bewegungsempfehlungen_BZgA-Fachheft_3.pdf, zuletzt aufgerufen am 05.06.2020

(4) Diaz, Keith M.; Howard, Virginia J.; Hutto, Brent; Colabianchi, Natalie; Vena, John E.; Safford, Monika M. et al. (2017): Patterns of Sedentary Behavior and Mortality in U.S. Middle-Aged and Older Adults. In: Annals of Internal Medicine 167 (7), S. 465–475. DOI: 10.7326/M17-0212.




 

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